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Sport

Jogi is a punk. Deutschland mischt Griechenland mit 4:2 auf.



Samstag, 23. Juni 2012 | Text: Roger Lenhard | Bild: "Meine Südstadt"

Geschätzte Lesezeit: 2 Minuten

Der deutsche Bundestrainer Joachim Löw ist Schwabe und ein behutsamer Mensch, dem das Wohl bewährter Spieler am Herzen liegt. Auftellungsroulette, riskante Hasardeur-Entscheidungen oder ad hoc-Trietzereien sind seine Sache normalerweise nicht. Schon vor dem Spiel sickerte durch, dass er statt der verdienten Angreifer Podolski, Gomez und Müller – also seinem gesamten Sturm der Vorrunde – den Einwechselspieler Schürrle, den Turniernovizen Reus und den erfahrenen Klose ins Spiel gegen die griechischen Betongießer schicken würde. Für Bender kehrte der gelbgesperrte Boateng zurück ins Team. Damit mussten alle bisherigen Torschützen des Turniers auf die ungeliebte Reservebank.??

 

Vor dem Spiel gab es einzelne Stimmen, die den Sinn der Rotation anzweifelten, weil dadurch eine eingespielte und erfolgreiche Formation ausgetauscht würde. Doch die Mehrheit begrüßte den großflächigen Umbau, was doch überrascht nach drei Siegen und neun Punkten in dieser mordsschweren Gruppe. Da gibt es natürlich die Spinner, für die jedes Spiel ein Offensivfeuerwerk sein muss.  Angestachelt durch die brillanten Spiele gegen England (4:1) und Argentinien (4:0) 2010 und die gute Qualifikation mit zehn Siegen in zehn Spielen schoss deren Erwartungshaltung ins Bodenlose. Dem kann keine Mannschaft der Welt genügen.?Doch auch wenn man nicht zu den Phantasten gehört und die mannschaftliche Geschlossenheit lobt sowie die Wichtigkeit der Arbeit gegen den Ball anerkennt, blieb ein Unbehagen, eine leichtes Grummeln nach der Vorrunde übrig.

?Das Spiel in des Gegners Hälfte wirkte verzögert und gehemmt. Gewiss, Podolski und Müller arbeiteten pflichtbewusst nach hinten. Özil wurde fast in Manndeckung genommen und ging weite Wege. Die gegnerische Ausrichtung war defensiv und taktisch diszipliniert. Alles richtig, doch war nicht trotzdem etwas mehr Schwung, etwas mehr Pfiff und Spielfreude möglich? Nach dem Spiel gegen die Griechen muss man die Frage mit einem klaren Ja beantworten.??

 

Die Geschichte des Spiels gegen die begrenzten Griechen ist schnell erzählt: Als gäbe der Rhythmus der Band Ramones den Takt für das Spiel vor, ergaben sich von Anfang an Chancen um Chancen. Besonders Özil und Reus und der überragende Khedira, aber auch Schürrle und Klose erzeugten durch häufige Positionswechsel, schnelles Kombinationsspiel, Dribblings und Schüssen aus der zweiten Reihe einen furiosen Angriffswirbel. Das war Punk, das war Rock’n’Roll. Gäbe es ein technisches K.O. wie im Boxen, wäre der ungleiche Kampf schon beendet worden, bevor Lahm das erste Tor (39. Min.) erzielte. Die Deutschen stürmten, und die Griechen verteidigten. Es folgten noch drei sehenswerte Treffer durch Khedira (61. Min. – Scherenschlaghammer), Klose (68. Min.) und Reus (74. Min. – Vollspanngranate). Dass Punker und Rock’n’Roller nicht nur wild und ungestüm sind, sondern bisweilen auch schlampig und ungenau, zeigte sich in der 55. Minute, als Schürrle einen Ball verschlampte und einen Konter ermöglichte, den Samaras zum  Ausgleich nutzte und so kurz für Entsetzen sorgte. In der 89. Minute gelang den Griechen durch einen fraglichen Handelfmeter das 4:2.

 

??Es war ein phantastisches Spiel der Deutschen. Löw hat alles richtig gemacht. Einziger Kritikpunkt sind einige vermeidbare Ballverluste durch Schweinsteiger und Schürrle, die Spitzenteams gnadenlos bestrafen. Am Sonntag entscheidet sich, ob wir auf England oder Italien treffen. Egal wer von beiden – unangenehmere Italiener hätten mal ein Abreibung verdient – Joachim Löw muss die Mannschaft wieder neu justieren. Doch wissen wir jetzt, dass die deutsche Elf beides kann;  stürmen und verteidigen.

Bange brauchen wir nicht aufs Halbfinale schauen.??

 

Text: Roger Lenhard

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